Die Vielfalt an Sprachen und Nationen in der Diözese ist weit größer als vorgestellt

Es ist ein Zuhause

REGENSBURG (vn) – Die katholische Kirche umfasst Gläubige aus der ganzen Welt. Auch in den Diözesen, gerade im Bistum Regensburg, zeigt sich, dass sich Katholikinnen und Katholiken vieler Länder und Nationen versammeln, um Gott zu loben und gemeinsam als Volk Gottes Zeugnis zu geben. Dies ist Anlass für die Katholische SonntagsZeitung, diese Vielfalt einmal genauer anzusehen und vorzustellen, denn sie gehört konstitutiv zur katholischen Kirche. Dabei zeigt sich, dass die Vielfalt größer ist, als man es sich üblicherweise vorstellen würde.
„In welcher Sprache wir über den Glauben sprechen, ist nicht so zentral. Es kommt darauf an, dass Jesus immer in der Mitte ist. Und das ist er!“ Das sagt Pfarrvikar Donatus Uchenna Nwachukuwu, der zuständige Priester für die afrikanische englische Gemeinde und Seelsorger für alle Flüchtlinge im Bistum Regensburg. Er stammt aus Nigeria und hat mit der Katholischen SonntagsZeitung gesprochen: „Manchmal singen wir während der Messe Lieder auf Igbo, manchmal auf Französisch, manchmal auf Ungarisch, manchmal auf Rumänisch und manchmal auf Deutsch: Wir lernen zusammen Lieder.“ Die Mehrheit der Gemeinde in der Heilig-Geist-Kirche im Nordosten Regensburgs kommt aus Nigeria. Aber auch zahlreiche weitere Anderssprachige sind in der Gemeinde versammelt.
Die katholischen Gläubigen finden laut Pfarrvikar Donatus Nwachukuwu in ihrem katholischen Glauben eine Heimat. „Er ist ein Zuhause für sie. Das ist der Grund für diese Gemeinde.“ Der Nigerianer wurde 2021 an der Universität ­Rostock promoviert. Die Arbeit dazu hat er auf Englisch in Politischer Philosophie geschrieben. Seit 2018 wirkt er, der aus dem Bistum Aba in Nigeria gekommen ist und 2012 zum Priester geweiht wurde, im Bistum Regensburg. „Wenn alle da sind, sind wir 80 bis 100 Gläubige in der Heilig-Geist-Kirche. Wir feiern nicht nur den Gottesdienst jeden Sonntag, wir feiern auch nach der Messe. Wir freuen uns, wir unterhalten uns“, erklärt der Pfarrvikar.
Worüber man dabei spricht? Über das Leben, über den Glauben, über die Gesellschaft allgemein. „Ich berate die Leute, wenn sie Probleme, Schwierigkeiten oder Herausforderungen haben. Ich unterstütze viele Flüchtlinge, die kein Deutsch sprechen und die hier keine Unterkunft haben“, sagt Donatus Nwachukuwu. Auch begleitet er Menschen bei der Konversion zum katholischen Glauben. Dass er die Weltsprache Englisch beherrscht, ist hilfreich.
Heimweh allerdings, hat er erfahren, haben viele Leute: „Menschen müssen und wollen ja auch bleiben, weil sie hier ein Leben und eine Familie gegründet haben. Sie fühlen sich zuhause und durchaus wohl.“ Aber die Heimat und folglich das manchmal aufkommende Heimweh gehen gelegentlich tief und tiefer. „Wenn jemand Heimweh hat, dann spreche ich mit ihm über Jesus. Ich habe es so erfahren: Man muss Geduld haben und ­weiterkämpfen.“ Schließlich sage er bei solcher Gelegenheit: Wenn es nicht so schön laufe, dann könne es sein, dass am folgenden Tag alles besser sei.
Dabei weiß der Priester, worum es geht, wenn das Thema Heimweh ansteht. „Ich selbst habe ja eine Familie daheim und eine Gemeinde, in der ich früher gearbeitet habe. Manchmal vermisse ich diese Leute.“ Manchmal auch vermisse er die Art und Weise des Gottesdienstes zu Hause. Und doch: Er habe sich hier, in der Diözese Regensburg, eingelebt. Sprache nimmt der Pfarrvikar als Instrument. „Ich predige auf Englisch und für die deutsche Gemeinde auf Deutsch.“ Denn er wirkt als Priester auch in Regensburg-St. Michael, unweit. „Das ist die gleiche Predigt in zwei Sprachen. In der Messe auf Englisch predige ich jedoch frei“, erklärt Pfarrvikar Donatus Nwachukuwu. „Wenn ich ein Wort schwierig finde, frage ich jemanden, der oder die Deutsch als Muttersprache hat.“
Grüne Fruchtbarkeit
Wie er die deutsche Sprache überhaupt wahrnimmt? „Ich finde den Ausdruck ganz schön, dass alles im ‚grünen Bereich‘ sei, wie hier so gesagt wird. Ich komme nämlich aus Afrika und das Grüne wird immer als etwas Schönes wahrgenommen. Grün bedeutet bei uns tatsächlich vor allem Fruchtbarkeit.“ Und wie er die Unterschiede zwischen der Kirche hier und in Nigeria wahrnimmt? „Die Kirche in Deutschland ist stärker systematisiert als in Nigeria und hat eine eigene Verwaltung.“ Das meint der Pfarrvikar übrigens positiv. Was Ausländerseelsorge betrifft, gibt es in der Diözese Regensburg 21 verschiedene Sprachgruppen in knapp 20 Nationen, die „in einer gewissen Regelmäßigkeit“ Gottesdienst feiern. So sagt es Walter Zahner, der im Bischöflichen Ordinariat die Verantwortung für diesen Bereich trägt.
Die Modelle sind sehr verschieden, nach denen Gemeinden und Priester „organisiert“ sind und jedenfalls zusammenhalten. Sie reichen etwa von einer eigenen polnischen Gemeinde bis hin zu losen Verbindungen mit religiösen Bezügen, die Menschen aus Kamerun unter dem Dach der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) an der Universität Regensburg vereint. Oder zum Beispiel ein deutscher Weltpriester aus der Diözese Passau, der Spanisch spricht, kommt alle vier Wochen zur spanischsprachigen Gemeinde im Bistum Regensburg und feiert Gottesdienst. Kroaten ­wiederum bilden eine starke Gemeinde. Oder, nächstes Beispiel, ein Pater kommt aus München, um mit Slowaken der griechisch-katholischen Gemeinschaft zusammen zu sein und Gottesdienst zu halten.
Die Lage ist – positiv gesprochen – unübersichtlich, ist bei der Recherche der Katholischen SonntagsZeitung zu bemerken: Eriträer, Syrer (Melkiten) und Syromalabaren aus Indien und noch so viele mehr. Tatsächlich hat das Ganze etwas von Pfingsten. Im Bistum sind von rund 1 070 000 Katholiken 78 714 ausländische Katholiken mit erster oder zweiter anderer Staatsbürgerschaft gemeldet, sagt Zahner. Das macht 7,3 Prozent aus. Die größten Gruppen sind offiziell: 26 500 Polen, 7500 Kroaten, 5500 Italiener, 3900 Ungarn, 3000 Tschechen, 2900 Gläubige aus der Russischen Föderation, 1400 Ukrainer und 350 Syrer. Dabei geht es nicht zuletzt um einen Balanceakt, denn, wie Zahner es sagt, alle Gläubigen sind natürlich herzlich in den katholischen Pfarrgemeinden willkommen, die da sind, wo die nicht deutschen oder nicht muttersprachlich deutschen Gläubigen wohnen. Über alldem ist nicht zu vergessen, dass rund 200 der 600 in der Diözese wirkenden Priester „Ausländer“ sind, oder, sagen wir treffender: Priester der Weltkirche.
Polen, Kroaten, Italiener
Und immer wieder Thema Heimat: Der Programmierer Vianney Ngaleu hat den Verein der Kameruner in und um Regensburg gegründet. Bis vor einiger Zeit noch feierten sie die Messe mit einem französischsprachigen Priester in der Hochschulgemeinde, bis Corona kam. Jetzt soll die Neuauflage anstehen. Im Übrigen gehe es, so Ngaleu, der zum Interview in die Redaktion der Katholischen SonntagsZeitung gekommen ist, den Kamerunern darum, die Einsamkeit in Deutschland zu überwinden. Gut, dass die KHG in Regensburg dazu Raum gibt. Die Kameruner haben bereits öffentliche Auftritte mit ihrem Gesang absolviert. Wenn es wieder einen französischsprachigen Priester gibt, könnte auch wieder Messe gefeiert werden.

06.03.2024 - 2024 , Bistum Regensburg